Die Erfolge der Desert Flower Foundation
Tausende gerettete Mädchen, strenge Gesetze, Aufklärung und ganzheitliche medizinische Betreuung für von FGM betroffene Mädchen und Frauen

Sorgte für viel Aufsehen: Die "End-FGM"-Kampagne der Desert Flower Foundation.
Alle 11 Sekunden wird ein Mädchen genitalverstümmelt. Jedes dritte stirbt nach diesem brutalen Eingriff und viele leiden ihr Leben lang unter den schmerzhaften Folgen.
Weltweit sind mehr als 250 Millionen Frauen von diesem grausamen Verbrechen betroffen. Allein in Afrika sind laut UNICEF 30 Millionen Mädchen akut bedroht. Weibliche Genitalverstümmelung wird in Ost,- West,- und Nordafrika, Südostasien, dem mittleren Osten und durch die starke Immigration auch in Europa, Nord,- und Südamerika, Australien und Neuseeland praktiziert.
2002 gründete Waris Dirie mit ihrem Team die Desert Flower Foundation. Mit dem Ziel, weibliche Genitalverstümmelung ein für alle Mal auszurotten, Menschen weltweit aufzuklären, betroffenen Frauen zu helfen und Mädchen vor dieser abscheulichen Praxis zu retten und zu schützen.
Aufklärung, Bewusstseinsbildung und Gesetze
2002 wusste niemand in Europa, dass Immigranten dieses schreckliche Ritual auch in Europa praktizieren. Waris Dirie und ihre neu gegründete Desert Flower Foundation beschlossen mit einem Team von jungen europäischen und afrikanischen JournalistInnen eine umfassende und verdeckte Recherche in afrikanischen Communities durchzuführen und eine Studie darüber zu veröffentlichen. Das Team der Desert Flower Foundation recherchierte zwei Jahre lang in zahlreichen europäischen Großstädten. In London, Paris, Berlin, Rom, Madrid, Amsterdam, Brüssel, Stockholm, Lissabon und Wien.
4.000 Seiten umfasste der Bericht und Waris Dirie entschloss sich darüber ein Buch zu machen. Schmerzenskinder erschien 2005 im Ullstein-Buchverlag Berlin und wurde danach in vielen Übersetzungen weltweit veröffentlicht.
Dieser erste Bericht über die weite Verbreitung von weiblicher Genitalverstümmelung, von der heute mindestens 700.000 Frauen in Europa betroffen sind, hatte Folgen. Europaweit schrieben die Medien darüber, dass FGM nicht nur in Afrika, sondern auch vor der eigenen Haustüre in Europa praktiziert wird. Die Europäische Union (EU) setzte das Thema erstmals auf ihre Agenda.
Am 6. Februar 2006 präsentierte Waris Dirie mit ihrem Desert Flower Foundation Team die Recherche-Ergebnisse im Ministerrat der EU. Die MinisterInnen waren schockiert und versprachen Sofortmaßnahmen. Fast alle europäischen Länder beschlossen danach Gesetze gegen weibliche Genitalverstümmelung. Kampagnen wurden umgesetzt, um die Menschen über dieses Thema aufzuklären.
Weltweit größte FGM-Kampagne
Die spektakulärste Kampagne führte die Desert Flower Foundation gemeinsam mit der BBC und Scotland Yard in Großbritannien durch. Scotland Yard fand heraus, dass jährlich 20.000 Mädchen in England in den Sommerferien von Genitalverstümmelung bedroht sind, mehr als in allen europäischen Ländern. Die BBC produzierte mit Scotland Yard und der Desert Flower Foundation ein Video um die Menschen aufzuklären und verteilte im Vereinigten Königreich 35.000 DVDs an Schulen, Krankenhäusern und Polizeistationen. Es war die größte Kampagne gegen FGM, die es bis dahin in Großbritannien gegeben hat.
Die Desert Flower Foundation hatte mittlerweile eine eigene Kontaktadresse (E-Mail) für betroffene und bedrohte Frauen, sowie für Menschen, die helfen wollten, eingerichtet. Mehr als 10.000 E-Mails erreichten uns im ersten Jahr. Eine Webseite, die wir in deutsch und englisch eingerichtet hatten, wurde schon im ersten Jahr von über einer Million Menschen besucht.
Bereits 2008 entwickelten wir mit der deutschen Agentur Heymann Brandt de Gelmini die erste große Social-Media-Kampagne gegen FGM. Das eigens produzierte Video wurde von zahlreichen TV-Stationen weltweit gesendet. 400 Millionen Menschen wurden mit dieser Kampagne schon im ersten Jahr erreicht und wir wurden mit dem deutschen Social-Media-Award 2010 für die "Beste NGO-Kampagne des Jahres" ausgezeichnet.
2009 - der Spielfilm Wüstenblume
2009 präsentierten wir bei den Filmfestspielen in Venedig den Spielfilm Wüstenblume, die verfilmte Lebensgeschichte unserer Gründerin Waris Dirie, die in über 40 Ländern regelmäßig in den Kinos und im TV gezeigt wurde. FGM-Konferenzen, Organisationen wie UNHCR, UNICEF und zahlreiche Botschaften zeigten Wüstenblume als das stärkste jemals veröffentlichte Dokument im Kampf gegen FGM. Der Film wird an Schulen und Universitäten gezeigt, bei Filmfestivals und vielen Kulturveranstaltungen in Afrika und Asien.
2007 lud Al Jazeera, der damals größte TV-Sender, unsere Gründerin Waris Dirie in die beliebte Show des Moderators Riz Kahn ein, um über ihr Leben und die Arbeit der Desert Flower Foundation zu sprechen. Es war das erste Mal in der Geschichte, dass ein arabischer Sender dieses Thema behandelte. Mehr als 200 Millionen Menschen sahen diese Show. Es war eine Initialzündung, denn mittlerweile wird auf allen arabischen Sendern regelmäßig über FGM berichtet und diskutiert.
Unterstützung durch Schulprojekte
Seit Beginn unserer Kampagnen melden sich zahlreiche SchülerInnen und StudentInnen, die Facharbeiten, Präsentationen und sogar Dissertationen über FGM schreiben und von der Desert Flower Foundation mit Informationsmaterial versorgt werden. Seit Beginn unsere Kampagne haben wir über 7.000 SchülerInnen und StudentInnen mit Informationsmaterial versorgt, die selbst wieder Aktivisten und Botschafter im gemeinsamen Kampf gegen Genitalverstümmelung geworden sind.
Zahlreiche Ehrungen und Auszeichnungen
Die Arbeit der Desert Flower Foundation wurde von vielen Politikern und Organisationen gewürdigt. Waris Dirie durfte für den Kampf gegen FGM und ihren Einsatz für Frauenrechte zahlreiche Preise in Empfang nehmen.
Hier ein Auszug:
- Präsident Michael Gorbatschow überreichte ihr 2004 beim World Women's Award in Hamburg den World Social Award
- Der französische Präsident Nicolas Sarkozy zeichnete sie 2007 für ihre Arbeit mit der Desert Flower Foundation mit Frankreichs höchstem Orden aus - dem Ritter der Ehrenlegion (Chevalier de la Légion d'Honneur)
- Italiens Regierung überreichte ihr 2010 den höchsten Orden des Landes
- Die afrikanische Union ernannte sie im selben Jahr zur ersten Sonderbotschafterin für Frieden und Sicherheit in Afrika
- Die Vereinten Nationen (UN) ernannten sie zur Sonderbotschafterin im Kampf gegen FGM
- 2013 Woman Of The Year Campaigning Award in London
- 2014 International Freedom Prize überreicht im House of Lords (Oberhaus des britischen Parlaments) in London
- One Million Chances Award 2018, gespendet von der Fritz-Henkel-Stiftung
- Sunhak Peace Prize 2019 für ihren Einsatz für Frauenrechte, verliehen in Seoul
- 2020 Africa's 50 Most Powerful Women vom Magazin Forbes
Das Patenschaftsprojekt "Rette eine kleine Wüstenblume"
Die Desert Flower Foundation leistet nicht nur weltweit Aufklärung zu dieser Folter an kleinen, unschuldigen Mädchen, sondern schützt sie aktiv vor FGM. Seit 2014 gibt es das Patenschaftschaftsprojekt "Rette eine kleine Wüstenblume", es ist der sicherste Weg, Mädchen vor FGM zu schützen. Wir schließen mit den Eltern oder Vormunden der Mädchen einen Vertrag ab, der ihre körperliche Unversehrtheit garantiert und sie vor Zwangsverheiratung schützt. Außerdem besucht jede gerettete "Wüstenblume" eine Schule. Im Gegenzug erhält die Familie finanzielle Unterstützung und medizinische Betreuung.
Safa, jenes Mädchen, das Waris Dirie als Dreijährige im Film Wüstenblume spielt, wurde als erste von der Desert Flower Foundation geschützt. Ihre Story hat Millionen Menschen bewegt und ihr Name wurde zum Synonym für Bewusstseinsbildung und Veränderung. Safa ist das Vorbild für dieses großartige Projekt.
Rückoperationen für Frauen im Desert Flower Center
Die Desert Flower Foundation hilft auch den von FGM betroffenen Frauen. Seit Beginn unserer Arbeit haben sich zahlreiche Frauen bei uns gemeldet, die an den schweren gesundheitlichen Folgen der Genitalverstümmelung gelitten haben. Vielen konnten wir helfen und 2013 haben wir uns entschlossen, das erste Desert Flower Center zur ganzheitlichen Behandlung von FGM-Betroffenen in Berlin zu eröffnen. Weitere Desert Flower Center folgten in Paris, Stockholm und Amsterdam.
Die große Desert Flower Bildungsinitiative
2016 entschloss sich Waris Dirie mit der Desert Flower Foundation zu einer grundlegenden und richtungsweisenden Entscheidung: Bildung wurde in den Fokus der Arbeit gerückt. Nach jahrelanger Aufklärungsarbeit vor Ort in den Communities wurden 2019 die ersten drei Wüstenblume Schulen für insgesamt 1.200 Kinder in Sierra Leone (Westafrika) gebaut. Im Rahmen der großen Bildungsinitiative für Afrika wurden außerdem 30.000 Desert Flower Bildungsboxen an Schulen in Sierra Leone verteilt. Eine Bildungsbox enthält Lese- und Übungsheft, Buntstifte, Spitzer, Holzlineal und Schulrucksack.
Mittlerweile gibt es fünf Desert Flower Schulen in Sierra Leone, eine sechste befindet sich in Bau. Weitere Schulen sind in Tansania geplant.